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Kompetenzförderung im Umgang mit digitalen Medien

Im Projekt „DigiCoaches und SmarteKitas“ sollte es nicht um sporadisch durchgeführte Angebote gehen, sondern um eine medienbezogene Kompetenzförderung, die sich ganz selbstverständlich im gemeinsamen alltagsintegrierten Handeln wiederfindet und digitale Medien als sinnvolles Werkzeug zum Erreichen eines Zieles einsetzt.

Der Einsatz digitaler Medien kann Bildungsprozesse unterstütze, Teilhabe ermöglichen und Kompetenzen im Umgang mit Medien ausbauen.
1. Mit Medien als Werkzeuge lernen: Bildungsprozesse digital unterstützen

Die glitzernden Facettenaugen einer toten Fliege in 100-facher Vergrößerung anzuschauen oder einen Blick in ein verlassenes Wespennest werfen zu können, fasziniert viele Kinder. Digitale Mikroskope oder Endoskope ermöglichen solche tieferen naturwissenschaftliche Einblicke. Die digitale Technik ermöglicht es auch, das Gesehene gleich fotografisch festzuhalten und später als Diashow zu zeigen. Mit Hilfe von Musik-Apps können eigene Stücke produziert oder Gesang festgehalten werden. Roboter wie Beebot und Co. unterstützen das mathematisch-logische Denken. Dreidimensionale AR-Apps bieten einen Einblick in die Welt der Planeten oder zeigen die Dimensionen von Dinosauriern. Dies sind nur einige Beispiele für die Möglichkeiten, die digitale Medien bieten, um Bildungsprozesse von Kindern anzuregen, zu unterstützen und zu begleiten. Aber auch die themenbezogene Recherche im Internet z.B. wie die Raupe zum Schmetterling wird, können die herkömmlichen analogen Bildungsprozesse erweitern.

Auf diese Weise werden digitale Medien für die Kinder als hilfreiches Handwerkzeug erlebbar und bleiben nicht nur auf Konsumieren oder ihre Unterhaltungsfunktionen beschränkt

2. Mit Medien Teilhabechancen erweitern und dabei die Möglichkeitsräume und Anknüpfungspunkte vergrößern

Medien können die Möglichkeiten und Zugänge für Kinder im Alltag erheblich erweitern. Denn sie haben im Unterschied zu analogen Darstellungsformen den Vorteil, dass sie mehr Sinnesreize (Audio, Video) darstellen und verknüpfen können und auf den Anwender reagieren. Analoge Portfolio-Ordner beispielsweise, die vor allem von den Kindern genutzt werden, die gerne mit Papier und Stiften umgehen, können durch Aufnahme-Stifte (z.B. BOOKii) ergänzt werden. Solche Audio-Stifte ermöglichen es den Kindern, Kommentare zu Fotos oder Zeichnungen aufzunehmen und durch Tippen auf ein Symbol immer wieder abzuspielen. Auch digitale Portfolio-Ordner mit Fotos, Video-und Audioaufnahmen können von den Kindern auf einem Tablet erstellt und mit den Eltern geteilt werden. Übersetzungs-Apps erweitern die Verständigungsmöglichkeiten und Assistenztechnik (z.B. Sprachcomputer) kann die Handlungsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen unterstützen.

3. Etwas über Medien lernen

Im Bereich der medienbezogenen Kompetenzen stand der Blick hinter die Kulissen im Vordergrund. Hier ging es um Fähigkeiten, die Kinder brauchen, um bewusst mit Medien umzugehen und ihr Handeln kritisch und verantwortlich reflektieren zu können. Grundlegende Kompetenzen entwickeln sich dabei aus individuellen Erlebnissen, Interessen und dem (Medien)wissen der Kinder. Sie sind im Projekt mit den jeweiligen Erfahrungen und dem individuellen Entwicklungsstand gewachsen und beinhalten sowohl Kenntnisse in der Bedienung „Ich weiß, wie das geht...“ als auch das Wissen über Absichten „Die wollen nur, dass du das kaufst, das ist Werbung ...“ und das Wissen um eigene Rechte „Du darfst mich nicht fotografieren, du hast nicht gefragt...“

Im Umgang mit digitalen Medien gilt heute mehr denn je, dass eine fernhaltende Pädagogik keine zukunftsorientierte Herangehensweise sein kann. Um Kindern einen reflektierten Zugang aufzuzeigen und sie gleichzeitig vor Risiken zu schützen, ist es notwendig, ihnen ein Lernen mit Medien und über Medien im Kita-Alltag zu ermöglichen.

Franziska Schubert-Suffrian, Fachberaterin beim VEK

Kinder brauchen grundlegende Kompetenzen, um bewusst mit Medien umgehen zu können und ihr Handeln kritisch und verantwortlich reflektieren zu können. Die folgenden Kompetenzen können im Kita-Alltag ausgebaut werden.

Bewertungskompetenz

Medieninhalte können die Wirklichkeit nie vollständig abbilden. Auch eine scheinbar objektive Life-Übertragung zeigt immer nur einen speziellen Blickwinkel der Realität, zu einem bestimmten Zeitpunkt. Einige Aspekte werden betont, andere (bewusst) ausgeklammert. Durch Medien verbreitete Wirklichkeiten haben heute einen immer stärker werdenden Einfluss auf die Meinungsbildung. Informationen nicht als objektive Wahrheit zu sehen, sondern sie bewusst auszuwählen, zu prüfen und einzuordnen, sind wichtige Voraussetzungen für eine kompetente Mediennutzung. Schon in der Kita können Kinder für die Absichten hinter einer Nachricht sensibilisiert werden und gleichzeitig eine hinterfragende und vergleichende Vorgehensweise üben.

Fähigkeiten im Bereich der Bewertungskompetenz sind:
• Digitale Inhalte kritisch beleuchten zu können im Hinblick auf: Absichten und Motive, Zusammenhänge und Wirkungen (z.B. in der Werbung oder bei automatisierten Aufforderungen zum Weiterspielen/Weiterschauen)
• Eine Vorstellung davon zu haben, dass Medien-Nachrichten von anderen Menschen erstellt und eingestellt werden und damit fehlerhaft oder manipulierend sein können.
• Rollenbilder hinterfragen zu können (z.B. bei stereotypen Darstellungen von männlichen oder weiblichen Medienheld*innen)

Selbstpräsentationskompetenz

Welche Informationen gebe ich von mir preis? Welche Nachrichten stelle ich ein oder leite ich weiter? Diese Fragen der Informationsweitergabe im Netz sind sicherlich zunächst Fragen, die im häuslichen Bereich von Eltern und Bezugspersonen beantwortet werden. Aber auch in der Kita, beispielsweise bei der Weitergabe von Fotos oder beim Erstellen von (digitalen) Portfolio-Ordnern, spielen individuelle Persönlichkeitsrechte der Kinder eine Rolle. Die Preisgabe im Netz macht es auch erforderlich, mit den Kindern über die Risiken der Weitergabe zu sprechen und deutlich zu machen, dass Bilder und Informationen, die einmal eingestellt sind, sich nicht mehr oder nur sehr schwer wieder entfernen lassen.

Die Aufgabe der pädagogischen Fachkräfte ist es, eine sensible verantwortliche Weitergabe von Informationen anzubahnen. Dies betrifft sowohl den Umgang mit eigenen Informationen als auch personenbezogenen Informationen anderer Kinder.

Fähigkeiten im Bereich der Selbstpräsentation sind:  

• Sensibel für verantwortliches Handeln zu sein, im Hinblick auf Kommunikation und Informationsweitergabe
• Eigene Persönlichkeitsrechte zu kennen, z.B. das Recht am eigenen Bild oder am eigenen Werk
• Eine Vorstellung davon zu haben, dass Bilder Videos usw. im Netz oft öffentlich sind und nicht einfach gelöscht werden können.

Selbstregulierungskompetenz

Selbstregulierungskompetenz beschreibt die Fähigkeit, das eigene Verhalten im Hinblick auf selbst gesetzte Ziele zu steuern und die eigenen Bedürfnisse mit den Anforderungen von außen in Deckung zu bringen. Im medienbezogenen Bereich kann es beispielsweise darum gehen, wahrzunehmen, dass ein Film „zu spannend“ wird und diese Situation nicht einfach auszuhalten, sondern eigene Lösungen zu entwickeln (z.B. auf Pause drücken, die Eltern oder die große Schwester holen). Aber auch die Frage, ob Kinder sich an einen bestimmten Medien-Gruppen-Trend anpassen (z.B. „Ninjago“, Anna und Elsa oder „Sonic“-Fan zu sein) oder der Umgang mit Algorithmus gesteuerten Belohnungen bzw. Aufforderungen zum Weiterspielen, kann ein Thema sein.

Durch Gespräche über die eigenen Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten können individuelle Selbstwirksamkeitserfahrungen der Kinder unterstützt und verstärkt werden. Die Aufgabe der pädagogischen Fachkräfte ist es, solche Themen zur Sprache zu bringen zu begleiten und Anregungen zu geben, wie Kinder ihre Emotionen und Handlungen selbsttätig regulieren und steuern können.

Fähigkeiten im Bereich der Selbstregulierungskompetenz sind:
• Das eigene Verhalten reflektieren, Planen und Steuern lernen (Reflexion von digitalen Vorbildern und Trends, „digitale Belohnungen“ und Aufforderungen zum Weiterspielen durchschauen lernen)
• Problemlösekompetenzen entwickeln („Was tue ich, wenn...“)
• Sich selbst beruhigen und eigene Grenzen wahren („Was tut mir gut und was nicht?“ „Wo laufe ich mit und wo nicht?“)

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